Ulrich Schütte



Die 13 Monate

(von Hans Winking, Abteilungsleiter und Redakteur beim Westdeutschen Rundfunk)

Der Zyklus "Die 13 Monate" von Erich Kästner und Edmund Nick hat meiner Erfahrung mit Liederzyklen eine ganz neue hinzugefügt. Natürlich sind wir da geprägt durch Namen wie Beethoven, Schubert, Schumann, und Brahms. Ferne Geliebte, Müllerbursch, liebender Dichter und schöne Magelone sind die uns bestens bekannten Protagonisten. Und Literatur wie Musik begegnen sich im hohen Ton des Kunstliedes.

Bei Kästner aber ist zunächst einmal literarisch alles anders. Mit sanfter, bisweilen auch schärferer Ironie, die aber nicht mit der des Heinrich Heine verglichen werden kann, dazu ist sie nicht boshaft genug, wenngleich keineswegs weniger amüsant, werden wir in der Tradition der literarischen Darstellung des Jahresablaufes mit uns selbst konfrontiert - gipfelnd in dem Monat, den es nicht gibt und der diesem Zyklus seinen Namen gab. Hier wird klar, dass uns schon 12 Mal der Spiegel vorgehalten wurde: die Jahreszeit als Metapher für den niemals gleichen Menschen; ich habe kaum jemals eine blendendere Absage an jeglichen Totalitarismus gelesen. Und der Schluß könnte fast aus Goethes "west-östlichen Divan" stammen:

"Es tickt die Zeit. Das Jahr dreht sich im Kreise.

Und werden kann nur, was schon immer war.

Geduld, mein Herz. Im Kreise geht die Reise.

Und dem Dezember folgt der Januar."

Ich gebe meinem alten Deutsch-Lehrer recht: es gibt Texte, die man nicht vertonen kann. Dieser gehört dazu. Und deshalb ist die Leistung von Edmund Nick so hoch zu loben, da es ihm gelingt, den ironisch-ersten Ton des Dichters in eine Musik zu übersetzen, die Kurt Weill kennt, ohne Franz Schubert zu vergessen. Klarer gesagt: das Changieren zwischen Kunstlied und Chanson, zwischen Unterhaltungsmusik und Ernster Kunst ist hier auf eine virtuose Spitze getrieben. Und deshalb halte ich die Vertonung, nein: diese musikalisch-literarische Anverwandlung für einen der ganz wichtigen Liederzyklen des 20. Jahrhunderts.

Nick war der Komponist Kästners - aber er war viel mehr: Pianist, Musikproduzent, Redakteur und Schriftsteller. Und er war es, der als Hauptabteilungsleiter Musik des Westdeutschen Rundfunks (1952-1956) Franz Marszalek, den "Karajan der Operette" (Anny Schlemm), an den WDR zu binden wusste, und damit für das Rundfunkorchester ein Profil prägte, das noch heute gilt.

Sitemap
Impressum